Presse

Gartow
Elbe-Leetzel-Zeitung 6.8.1992

Werner Götz beim Wendland-Symposion:
Die Sehgewohnheiten verändern

tj Quarnstedt. Mitten in der Ausstellung der am Symposion beteiligten sechs Künstler steht ein gedeckter Tisch, abends treffen sich die Bildhauer und Freunde zum gemeinsamen Essen. Am Tisch sitzend fällt der Blick auf das Modell des „Erdblitz“, der Skulptur, die der Nienwalder Künstler Werner Götz als Beitrag für das Symposion realisiert.
„Der Titel ist eigentlich unbedeutend,“ sagt Götz über die Namensgebung für sein Werk. „ die sinnliche Erfahrung ist wesentlich wichtiger.“ Der Entwurf seines Projekts habe sich vor allem aus dem verwendeten Material und den Gegebenheiten der Seegeniederung ergeben, der Titel – „die literarische Idee“ – sei erst nach dem Entwurd entstanden. Man könne, fährt Götz fort, sich der Problematik der Betitelung, der Frage: „Was will der Dichter uns lernen“, auch durch konsequente Abstraktion lösen, doch ihm mache „Poesie mehr Spaß als systematische Kategorisierung.“
erdblitz
„Der Erdblitz“ ist Teil einer Serie von Objekten, die aus der Arbeit für das Symposion entstanden ist. Die Form der Plastik aus Eichenbalken lehnt sich an hölzerne Schiffahrtsbaken und an die für die Region typische Fachwerkskonstruktionen an. Das Werk bildet in sich eine„autonome Struktur“, die wie im Fachwerkbau üblich lose auf Feldsteinen ruht. „Die Skulptur muss sich mitten in der Natur behaupten, deswegen habe ich „anorganische, kristalline Strukturen gewählt, die sich von den natürlichen Formen der Umgebung abheben,“ erklärt er. Eine Tendenz, die sich übrigens auch bei den anderen beim diesjährigen Bildhauertreff entstehenden Werken feststellen lässt. Umgekehrt habe er, erinnert sich Götz, der auch Musiker ist, bei der Realisierung des Brunnens vor dem Lüchower Rathaus bewusst organische Materialien gegen den „Klopper“ von einem Bau gesetzt.
Teil der in der Seegeniederung entstehenden Plastik ist ein Pfeil, der sich gegen die nur sieben Kilometer entfernten Gorlebener Atomanlagen richtet: „Die Natur wird sich gegen diese menschliche Aggression zur Wehr setzen,“ heisst es in der Projektbeschreibung. Die wichtigste Aufgabe der Kunst sei es, Wahrnehmungs- und und Sehgewohnheiten zu verändern, formuliert Werner Götz. „ Unsere Wahrnehmung zu schärfen ist wichtig, um erkennen zu können, wo wir hier leben. Wenn sich ändern würde,wäre vielleicht auch das drohende ökologische Desaster nicht so groß.“ So kann auch der Titel „Erdblitz“ in diesem Sinn interpretiert werden; nicht als didaktische Anleitung zur Betrachtung der Skulptur, als Ersatz für sinnliche Erfahrung, sondern eher als Ausdruck einer politisch akzentiertuierten Kunstauffassung.
„ Meine Idee ist es,“ führt Werner Götz auf dem Seegedeich sitzend, wohin sich das Gespräch nach dem Essen verlagert hat, aus, „ die Kunst zu den Menschen zu bringen. Ich fände es gut, wenn das Symposionsgelände zu einer Art „Keimzelle“ wird, von wo aus sich die Kunst in die besiedelte Landschaft ausbreitet.“ Die Zivilisation brauche nämlich die Kunst - nicht die Natur - nicht sie sei es, die sich ändern müsse, sondern die Menschen! „Künstler zu sein macht sich nicht am großen K fest, sondern ist ein Lebensgefühl, das bestimmt ist durch die Sinnlichkeit aller Lebensformen.“ Deswegen weigert sich der Künstler, der 1962 ein Studium als Maler begann und es, nachdem ihn in der Mitte des Studiums „die Plastik faszinierte“, als Bildhauer abschloss, sich auf einen „ sogenannten Stil“ festzulegen: „Stil“ habe ihn nie groß interessiert, soweit damit oft nur eine Art Markenzeichung für eine bessere Vermarktung gemeint sei.
Henningsdorf
Oranienburger Generalanzeiger 21.8-2000
Kunst aus Resten und Müll
Xerographiken und Objekte aus Wellpappe in der Hennigsdorfer Kunsthalle

Hennigsdorf (ho) Kultur zum Anfassen präsentiert Werner Götz derzeit in der Hennigsdorfer Kunsthalle. Neben 25 großformatigen Xerographiken befinden sich acht größere Objekte aus Wellpappe unter den Exponaten-.
Einige der acht Oblekte aus Wellpappe, die derzeit in Hennigsdorf zu sehen sind, haben teilweise eine Höhe bis zu zweieinhalb Metern und sind sehr detailgetreu gearbeitet, präsentieren sich aber den Besuchern mit großer künstlerischer Freiheit. Zu finden ist neben dem „Tower“ auch ein „Punk“ und ein „Maurisken-Tänzer“ – der Titel wegen der bizarren Bewegung in der Plastik ist eine Anspielung an Figuren des spätmittelalterlichen Bildhauers Erasmus Graser. Wobei die beiden letztgenannten Arbeiten aus farbig bedruckter Wellpappe gefertigt wurden, die Götz in verschiedenen ausrangierten Verkaufsdisplays aus Pappe fand. Dabei bevorzugt der Künstler eigentlich die in verschiedenen Brauntönen verfügbare Wellpappe von Verpackungskartons, weil da das Material in seiner ursprünglichen Dürftigkeit erhalten bleibe. Mit diesem Material arbeitet Werner Götz seit etwa zehn Jahren. Bereits davor fertigte er Skulpturen aus Baumstämmen und Steinbrocken. „Teilweise war ich auch die ewige Schlepperei leid,“ erklärt er seinen Umgang mit dem neuen Material.
Die einzelnen Kartonstücke, die er mit einem Cuttermesser zuschneidet, verbindet er mit Heißkleber.
JAG-SKRATTAR
„Wenn ich mit einem neuen Objekt beginne, weiß ich nie, wie es mal aussehen wird. Ich lasse beim Arbeiten einfach meiner Assoziationskraft freien Lauf und bin oft über das erstaunt, was dann als Ergebnis herauskommt,“ plaudert er über seine Arbeit. „Dann nehme ich mir bisweilen eine gute Flasche Wein, setz mich hin, betrachte die Arbeit und finde einen passenden Titel dafür,“ schmunzelt der Künstler. Da die Pappskulpturen wahrlich etwas ungewöhnliche Kunstwerke sind, weckte das sofort das Interesse der Vernissagebesucher am Sonnabendnachmittag, die mit Interesse beäugten, was da an den extravaganten Arbeiten zusammengepappt worden war.
Werner Götz gibt während des Gesprächs zu: „Müsste ich allein vom Verkauf meiner Wellpappobjekte leben, würde ich sicher verhungern – aber zum Glück arbeite ich ja noch auf vielen anderen Gebieten, unter anderem immer noch mit Holz und Stein, wo ich mich auch gerne mit Grabsteinen befasse. Weil ich nämlich finde, dass die Kunst eigentlich viel demokratischer sein sollte – weniger elitär und damit auch erschwinglicher als auf dem sehr hochgestochenen Kunstmarkt!“
Dieses Kriterium gilt bestimmt auch für seine völlig andersartigen Grafiken, teilweise im Format 140 mal hundert cm, die der noch sehr jungen Sparte der sogenannten Copy- Art zuzurechnen sind. Eine Technik, die Götz auch als „Xerographik“ bezeichnet, weil diese Blätter mittels des Fotokopierers hergestellt werden, wobei ein Ausgangsmaterial, das können Zeichnungen oder Kopien von realen Dingen sein, solange ‚generiert’ werden, d.h. vergrößert oder verkleinert und hin und herkopiert, bis Effekte auftauchen, die nur so zu erreichen sind. Dieses Material zerschneide er dann, collagiere es und generiere es dann mit dem Kopierer weiter ,“ so der Künstler.. Das Endresultat lasse sich in fast jedem Format plotten.
Mit der Stadt Hennigsdorf machte Werner Götz bereits im Jahr 1996 Bekanntschaft. „Damals habe ich mit einem Kollegen im Stadtteil Nieder-Neuendorf einige ‚Spielplastiken’ gebaut, wie er diese Spezies bezeichnet, „einem Mittelding von ästhetisch anspruchsvoller Plastik und Spielobjekt, auf dem spielende Kinder ausgesprochen erwünscht sind. Denn Kunst,“ erklärt Werner Götz, „gehört eigentlich dahin, wo die Menschen leben!“
Minden
Westfalenblatt 9-März 1990

Kunst dort zeigen, wo Menschen leben

M i n d e n (af) Unter diesem Motto möchte der Maler, Grafiker, Bildhauer und nicht zuletzt auch Jazz-Musiker Werner Götz seine Doppelausstellung »Ortsbezeichnungen« verstanden wissen. Im Bürgerzentrum zeigt er vier Wochen lang großformatige Bilder und im STELLA Schwarz-Weiß-Zeichnungen.

Bei einem Künstler, der mit verschiedenartigsten Materialien arbeitet, kann diese Form des Einblicks in seine Arbeitstechniken einen großen Reiz haben. »Viele arbeiten daran, einen ‚Stil’ zu finden – was aber leider nur zu oft auf eine Masche herausläuft,« meint Werner Götz. Seine Arbeit kennzeichnet neben anderem auch die Liebe zu vorgefunden Materialien.
So bildet neben schwarzen Tuschegraffitis auch die Frottage-Technik das andere Standbein vieler seiner durchgängig einen Quadratmeter großen Grafiken, worunter man das Durchreiben von Oberflächenstrukturen versteht, wie man es manchmal als Kind mit Münzen gemacht hat. Auf dieser Grundlage trägt Götz dann oft noch kalligrafische Ornamente und Chiffren auf. »Unbekannte Kürzel aus dem Code des Unterbewussten,« nennt er diese Zeichen.

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»Die vier Winde« lautet der Titel dieses
Tusche-Graffiti aus dem Jahr 1988

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Eine Mischtechnik aus Graffiti, Frottage und
Pinselzeichnung mit dem Tittel »Testa« von 1989

Der ausgebildete Kunstpädagoge (ein Zugeständnis an seine Eltern, die ihn gerne in einem »soliden« Beruf gesehen hätten), lebt als freischaffender Künstler im Hannoverschen Wendland. Nebenbei – vor allem aus Gründen des Überlebens, wie er einfügt – betreibt er eine Möbeltischlerei. Und so vielseitig wie seine handwerklichen Fähigkeiten ist auch seine Kunst
Die im BÜZ ausgestellten Bilder haben durchgehend eine reliefartige Struktur und zeichnen sich durch die Verwendung unterschiedlicher Materialien aus.
»Seit einiger Zeit arbeite ich am liebsten mit Asche, Erde, Teer und Sand«, erzählt Werner Götz. Diese Pigmente rührt er mit Binder zu Pasten und verwendet sie zur Farbgebung, unter anderem zusammen mit Textilfragmenten, sowie Bretter- und Blechresten.

»Die Farbe aus den Tuben dient mir dabei vorwiegend nur noch zum Strukturieren und Akzentuieren, berichtet er. Von seinen frühesten kreativen Anfängen einmal abgesehen, sei es aber noch nie sein Ziel gewesen, die Wirklichkeit realistisch abzubilden, was ja optische Illusion sei. Eine »schöne« Illusion möglicherweise, die ihn jedoch noch nie fasziniert habe.
»Wenn ich mit meinen zwei Augen die Wirklichkeit erkennen kann, was hat dann eine künstliche Bildwelt überhaupt für einen Sinn? Weil, wie der Fuchs dem kleinen Prinzen von Antoine de St. Exupéry sagt: das Wesentliche unsichtbar ist! Und die Kunst hat unter anderem die Aufgabe zu versuchen, dieses Unsichtbare sichtbar werden zu lassen.«
Er selbst wolle nur Assoziationen im Betrachter wecken, »denn jeder Mensch macht sich ja sowie innen drin erfreulicherweise seine eigenen Bilder!«
Beuster
Altmarkzeitung 14. Juni 2006

Der Hang zum Hangspiel

BEUSTER (ab). In der Ausstellung »KREUZ + QUER« in der Abteikirche St. Nikolaus in Beuster mit Arbeiten von Werner Götz , die sehr regen Zuspruch fand, nahezu 600 Besucher kamen seit der Ausstellungseröffnung am 6. Mai,veranstaltete der ausstellende Künstler Klangimprovisationen mit einem Instrument des 21. Jahrhunderts. Dr.Volker Stephan, Vorsitzender des Fördervereins Stiftskirche begrüßte Werner Götz und seinen Kollegen Norbert Eisbrenner. Beide Künstler waren gekommen, um sich mit einem Konzert beim Publikum zu revanchieren.
Von Ende der 60er Jahre an spielten Götz und Eisbrenner in der Westberliner Free-Jazz-Szene. Zusammen mit dem schwedischen Schlagzeuger Sven-Åke Johansson gründeten sie 1968 das Trio MND (Moderne Nordeuropäische Dorfmusik), das sich zunehmend der so genannten Free-Music-Szene verschrieb.. Der schwedische Musiker blieb bis heute der Berliner Fangemeinde treu. Als stark publikumsqirksam erwiesen sich seine Klangexperimente, bei denen sich Johansson eher unkonvetioneller Tonwerkzeuge – wie Feuerlöscher und Traktoren bedient. Götz und Eisbrenner, die sich dann später verstärkt der Bildenden Kunst zuwandten, leben heute beide in Niedersachsen, Werner Götz nicht weit entfernt von Beuster, im Wendland.
Für den Auftritt in Beuster ersannen die beiden »alten Jungs« eine OLD BOYS-TER SUITE. Die Sätze ihres freien Spiels betitelten sie u.a. mit »Wind im Gemäuer« oder »Verwehen und Auferstehen« und ließen im Kirchenraum ihren tonalen Assoziationen freien Lauf.
Götz begann seinen Part auf einem Hang. Mit Fingerspitzen, Daumen und Handballen brachte er die Ober- und Unterseite einer aus dünnem Bronzeblech getriebenen Kugel zum Schwingen. Das Instrument, dessen Name auf dem im Schweizer Dialekt gebräuchlichen Wort für Hand beruht, wurde 2001 erstmals auf der Frankfurter Messe vorgestellt. Gerade das rhythmische Klopfen und Streichen entlang der mehrfach eingewölbten Oberfläche ließ in den Köpfen der Zuhörer vielfältige Bilder und Gedanken entstehen. Die nächsten Spannungen erzeugte ein elektrisch verstärktes Sägeblatt, auf dem Götz mit einem Holzklöppel spielte.
Eisbrenner antwortete auf seine Weise. Zu Beginn und am Schluss wählte er das Saxophon. Zwischendurch entlockte er seiner E-Gitarre bizarre Klänge. Wie schon vor 40 Jahren legte er sie auf den Beinen ab und fuhr abwechselnd mit einer Kreditkartenhülle oder einem Triangel über die Saiten.
Wäre es nach den Musikern gegangen, hätten auch die spontanen, leicht poppigen Improvisationen des Organisten auf der Orgel und die impulsive Gesangsstimme eines Besuchers, die beide unmittelbar nach Abschluss des Konzerts ungehemmt loslegten, in die Improvisation einfließen können.